Verjährung der Nachbesserung beim Werkvertrag

Unsere Klientschaft lebt seit vielen Jahren mit undichten Fenstern und hoffte bis zuletzt, der Lieferant werde sie flicken. In der langjährigen Auseinandersetzung hat nun aber das Bundesgericht die Einrede der Verjährung des Unternehmers geschützt (vgl. Bundesgerichtsurteil 4A_111/2018 vom 5. Oktober 2018). Damit hat dieser für die Mängel an der Fensterkonstruktion nicht geradezustehen. Der Bauherrschaft wird zum Verhängnis, dass sie sich zu lange hat hinhalten lassen und darauf vertraut hat, die teilweise gemeinsam getroffenen Maßnahmen würden Abhilfe schaffen. Der Mangel an sich ist inzwischen nachgewiesen.

Beim Werkvertrag verjähren die Mängelrechte innerhalb von 5 Jahren ab Abnahme, sofern es sich um ein unbewegliches Werk bzw. ein bewegliches Werk handelt, das bestimmungsgemäß in ein unbewegliches Werk integriert worden ist (vgl. Art. 371 OR). Die in der Baubranche verbreitete Norm SIA-118 des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) enthält ähnliche Bestimmungen. Die Verjährung kann vor ihrem Eintritt z.B. durch Anerkennung des Unternehmers unterbrochen werden (vgl. Art 135 OR). Nicht jede Handlung des Unternehmers stellt jedoch eine konkludente Anerkennung seiner Haftung dar. Wer zwar bei der Mangelbeseitigung mehr schlecht als recht mitwirkt, gleichzeitig jedoch darauf hinweist, er hafte nicht, anerkennt die Ansprüche des Bauherrn nicht.

Daher ist der Bauherr im Zweifelsfall gut beraten, die Verjährung rechtzeitig zu unterbrechen oder zumindest die  Hilfe eines spezialisierten Anwalts in Anspruch nehmen.

Vgl. auch iusfocus 12/2018 Nr. 299

 

Architektenvertrag: Auftrag oder Werkvertrag?

Die rechtliche Einordnung des Vertrags des Architekten mit seinem Auftraggeber ist Gegenstand einer langen Kontroverse. Dies rührt daher, dass er als Planervertrag gesetzlich nicht geregelt ist. Er kann verschiedene baubezogene Leistungen beinhalten, z.B. Erstellung eines Kostenvoranschlages, Zeichnung von Plänen und Skizzen, Bauleitung und Vergabe von Arbeiten.

Entgegen Art. 394 Abs. 2 OR sind Planerverträge  nicht automatisch einfache Aufträge, sondern unterstehen einzelne Leistungen dem Recht des Auftrags, andere sind als Werkverträge einzustufen. Für das Bundesgericht ist für die Abgrenzung das Kriterium der Überprüfbarkeit des Arbeitserfolges zentral: Ein Kostenvoranschlag kann (nachträglich) überprüft werden, die Bauleitung nicht.

Der globale Planervertrag, der sämtliche Planleistungen verschiedener Fachrichtungen für ein Bauvorhaben in einem Dokument enthält (Planung, Bauleitung, Erstellen Kostenvoranschlag, Vergabe von Bauarbeiten) gilt gemäß bundesgerichtlicher Rechtsprechung und einem Teil der Lehre als gemischter Vertrag. Die Fiktion  eines Gesamtvertrages ist jedoch trügerisch, da auch das Bundesgericht eine „Spaltung“ der Rechtsfolgen je für auftragstypische und werkvertragstypische Leitung vorsieht. Nur die vorzeitige Auflösung des Gesamtvertrages will das Bundesgericht auf jeden Fall dem Auftragsrecht und damit insbesondere dem jederzeitigen Kündigungsrecht von Art. 404 OR unterstellen. Ein anderer Teil der Lehre will den Planer-Gesamtvertrag ungeteilt dem Auftragsrecht unterstellen. Also nicht nur die vorzeitige Auflösung, sondern generell sollen sich die Rechte und Pflichten und insbesondere die Haftung nach den Regeln des einfachen Auftrags bestimmen. Die Gesamttätigkeit sei qualitativ mehr als bloß die Summe der Teilleistungen. Unabhängig davon, ob einzelne Arbeitserfolge wie z.B. Pläne geschuldet seien, richte sich die Arbeit des Architekten auf eine geistige Gesamttätigkeit, durch die zur Errichtung der Baute beigetragen wird, die jedoch nicht das Werk als Erfolg schuldet.

Fazit: Es ist nach wie vor unklar, welche gesetzlichen Regeln im Streitfall auf den Planervertrag Anwendung finden. Mit kluger Vertragsgestaltung kann diesen Unsicherheiten teilweise begegnet werden. Nicht möglich ist zwar eine rechtliche Qualifikation als Auftrag oder Werkvertrag durch die Parteien selbst; denn die rechtliche Qualifikation muss das Gericht von Amtes wegen vornehmen, unabhängig von der falschen oder unpräzisen Bezeichnung des Vertrages durch die Parteien. Zulässig ist jedoch, in den Schranken des Gesetzes Abweichungen von den dispositiven Gesetzesbestimmungen zu vereinbaren. Beispielsweise ist es möglich, einen Werkvertrag ausnahmsweise der jederzeitigen auftragsrechtlichen Kündigungsmöglichkeit nach Art. 404 OR zu unterstellen. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer konsequenten Bezug­nahme auf einen Vertragstypus die spätere richterliche Auslegung beeinflusst werden kann.

Für unsere Mandantschaft erstellen wir die nötigen Dokumente für Planerverträge. Die zahlreichen Muster und Allgemeinen Bedingungen auf dem Markt (SIA, KBOB etc.) dienen als Vorlagen, die wir auf die individuellen Bedürfnisse abstimmen.

(Bild: Financial District New York City, Stefan Meichssner, Oktober 2017)