Leidet eine Person seit Geburt oder Kindheit an einem Gesundheitsschaden, der es verunmöglicht, zureichende berufliche Kenntnisse zu erlangen, gilt in der Invalidenversicherung als Geburts- oder Frühinvalide (vgl. ZAK 1973 S. 579, 1969 S. 260).
Darunter fallen alle, die infolge ihrer Invalidität überhaupt keine Berufsausbildung absolvieren können oder jene, die zwar eine Berufsausbildung beginnen und allenfalls auch abschließen, zu Beginn der Ausbildung jedoch bereits invalid sind und mit dieser Ausbildung nicht dieselben Verdienstmöglichkeiten realisieren können wie eine nichtbehinderte Person mit derselben Ausbildung.
Hingegen liegt keine Frühinvalidität liegt vor, wenn feststeht, dass sog. invaliditätsfremde Gründe wie familiäre oder finanzielle Schwierigkeiten den Erwerb genügender beruflicher Kenntnisse verunmöglichen. Als Erwerb von „zureichenden beruflichen Kenntnissen“ gilt die abgeschlossene Berufsausbildung, wozu auch Anlehren gehören.
Für die Berechnung des IV-Grades wird das Erwerbseinkommen, das der oder die Frühinvalide als Nichtinvalide erzielen könnte (sog. Valideneinkommen) nach Alter abgestuften Prozentsätzen des jährlich aktualisierten Medianwertes gemäß der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (vgl. Art. 26 Abs. 1 IVV) festgelegt. Dabei ist immer das Durchschnittseinkommen massgebend; es kann nicht auf das Einkommen in einem Beruf abgestellt werden, den die versicherte Person wegen besonderer Neigungen oder der Tätigkeit und Ausbildung der Geschwister unter Umständen erlernt hätte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (vgl. ZAK 1973 S. 579, 1969 S. 260).
Konnte die versicherte Person wegen der Invalidität eine begonnene berufliche Ausbildung nicht abschließen, entspricht das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnte, dem durchschnittlichen Einkommen eines Erwerbstätigen im Beruf, für den die Ausbildung begonnen wurde. Unter diese Bestimmung fallen Versicherte, welche ohne Behinderung eine Berufsausbildung beginnen, diese jedoch infolge dazwischentretender Invalidität nicht abschließen können, oder aber solche, welche die Ausbildung abschließen, den erlernten Beruf aber wegen der Invalidität nicht ausüben können (vgl. BGer 8C_99/2016; ZAK 1963 S. 388). Ebenso gehören dazu versicherte Personen, die wegen der Invalidität in Bezug auf die ursprünglich begonnene oder beabsichtigte Ausbildung eine weniger qualifizierte Ausbildung aufnehmen mussten (vgl. ZAK 1973 S. 579).
Wie bei allen Ansprüchen der Invalidenversicherung ist eine möglichst frühzeitige Anmeldung bei der Invalidenversicherung empfehlenswert. Denn der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (vgl. Art. 29 Abs. 1 IVG).
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