Nach den gewässerschutzrechtlichen Bestimmungen ist der „Inhaber“ einer Leitung zu deren sachgerechter Erstellung und Unterhalt verpflichtet, damit die Leitung keine Gefahr für das Grundwasser und die Umwelt darstellt (vgl. Art. 15 GschG). Vernachlässigt er diese Pflicht, kann an seiner Stelle das Gemeinwesen Zwangsmaßnahmen anordnen oder bei unmittelbarer Gefahr auch Ersatzmaßnahmen vornehmen und anschließend die Kosten auf den Inhaber überwälzen (vgl. Art. 53 f. GschG).
Ein Hauseigentümer gelangt an uns, weil er befürchtet, dass er die Reparatur der lecken Abwasserleitung berappen muss, die vom Nachbargrundstück über sein Grundstück in die Sammelabwasserleitung auf der Straße gelegt ist. Wir klären ab und gehen davon aus, dass Leitung zivilrechtlich dem Nachbarn gehört, weil sie von seinem Grundstück ausgeht und ihm dient (vgl. Art. 676 ZGB). Außerdem besteht ein Notleitungsrecht (vgl. Art. 691 ZGB) und dementsprechend ein Anspruch des Nachbarn, die Leitung im Grundbuch als Dienstbarkeit einzutragen. Damit ist der Nachbar grundsätzlich selbst für seine Leitung verantwortlich.
Allerdings besteht das Risiko, dass bei Passivität des Nachbarn unser Hauseigentümer von der Gemeinde als „Inhaber“ im gewässerschutzrechtlichen Sinne aufgefasst bzw. als Störer betrachtet wird. Selbst wenn er völlig schuldlos ist, kann er als Zustandsstörer mit tatsächlicher Herrschaft über die Leitung auf seinem Grundstück aufgefasst werden; dadurch riskiert er, am Schluss einen Teil der Kosten für die Ersatzvornahme betreffend die fremde Leitung übernehmen zu müssen. Nach aargauischer Praxis können 20 Prozent der Kosten auf ihn überwälzt werden (vgl. AGVE 2006 Nr. 98).