Schuldunfähig – aber trotzdem bestraft

Mit einer Atemalkoholkonzentration von 1,69 mg/l (= 3,38 Promille) begeht unser Klient einen Hausfriedensbruch in einen unverschlossenen Gasthof, wo er sich ausserdem etwas Geld und Wein behändigt. Die Polizei kann ihn widerstandslos festnehmen.

Praxisgemäss gilt jemand als schuldunfähig und kann folglich nicht bestraft werden i.S.v. Art. 19 Abs. 1 StGB, wenn er mehr als 3 Promille intus hat. 

Dazu gibt es gewisse Ausnahmen: Auch bei Straflosigkeit können Massnahmen angeordnet werden (vgl. Art. 19 Abs. 2 StGB).

Zudem gilt die Straflosigkeit nicht, wenn die Schuldunfähigkeit für den Täter vermeidbar gewesen wäre und er im nüchternen Zustand die Tat voraussehen konnte (vgl. Art. 19 Abs. 3 StGB). Hierunter sind Fälle zu subsumieren, wo der Täter den Zustand der Schuldunfähigkeit vorsätzlich herbeiführt (sog. actio libera in causa).

Unser Klient ist allerdings schwer alkoholkrank und konsumiert auch harte Drogen. Er konnte weder die Schuldunfähigkeit vermeiden noch die Tat voraussehen. Für diesen Fall sieht das Gesetz dennoch als Auffangtatbestand eine „kleine“ Strafe vor: Verübung einer Tat in selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit i.S.v. Art. 263 StGB. Dem Täter wird unterstellt, dass er an seinem Rauschzustand selbst schuld ist. Das genügt, um ihn für ein in diesem Zustand verübtes Verbrechen oder Vergehen mit einer Geldstrafe oder bei schweren Delikten gar zu einer Freiheitsstrafe bis 3 Jahre zu bestrafen.