In der Schweiz wird die Sozialversicherung häufig nicht vom Staat, sondern von privaten Unternehmen vollzogen. So ist es auch in unserem Fall, wo die Mandantin ihre Arbeitnehmenden bei einem großen Versicherer gegen die Risiken von Unfällen und Berufskrankheiten gemäß Unfallversicherungsgesetz (UVG) versichern lässt. Der Vertrag wird von einer Brokerin vermittelt; die Mandantin profitiert aufgrund eines Rahmenvertrages von günstigen Konditionen. Als der Versicherer den Rahmenvertrag kündigt, stellt er sich auf den Standpunkt, die günstigen Konditionen für die einzelnen Versicherungsnehmer würden nun nicht mehr gelten. Er stuft die Mandantin in der Folge auf den nächsten Verfall in einen neuen, höheren Tarif ein, verlangt deutlich höhere Prämien und verweigert gleichzeitig ein Kündigungsrecht.
Wir erheben beim Versicherer Einsprache und gelangen anschließend mit Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Dieses heißt die Beschwerde mit Urteil vom 12. April 2018 gut. Die Hauptthematik betrifft die Parallelität von privatem Versicherungsrecht und öffentlichem Sozialversicherungsrecht. Der Versicherer argumentiert fast durchweg aus einer privatrechtlichen Optik, vergisst dabei jedoch die Grundsätze des Verfassungs- und Verwaltungsrechts wie namentlich die Rechtsgleichheit, das Willkürverbot und den Anspruch auf rechtliches Gehör. So kann er keine triftigen Gründe für die Neutarifierung mitten in der Vertragsdauer zu Beginn eines neuen Versicherungsjahres aufzeigen (vgl. Art. 92 Abs. 5 UVG). Weder mathematisch-statistische Erkenntnisse noch sekundäre Risikomerkmale vermag er hinreichend zu begründen, ja er legt nicht einmal die Grundlagen und die Tarife offen, auf die sich seine neuen Prämien stützen. Das führt dazu, dass das Gericht den Einspracheentscheid wegen Verletzung der Begründungspflicht (rechtliches Gehör; Art. 29 Abs. 2 BV) aufhebt.
In zwei identischen Beschwerdeverfahren, die ebenfalls von uns betreut werden, hat das Bundesverwaltungsgericht inzwischen gleichlautende Urteile gefällt.