Fritz ist leidenschaftlicher Motorradfahrer. Ab und an fährt er auch richtig zackig, wovon das Administrativmaßnahmenregister eindrückliches Zeugnis ablegt. Eines schönen Abends soll er in Basel mit 76 km/h netto und damit 26 km/h zu schnell geblitzt worden sein. Das stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Regel eine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG dar.
Zunächst gehen die Strafverfolgungsbehörden allerdings davon aus, dass Fritz‘ Vater der Täter ist, da das Motorrad auf ihn zugelassen ist. Der Vater gibt die Tat auch unumwunden schriftlich zu. Aufgrund eines ominösen Anrufs eines Sohnes glaubt die Polizei dem Vater indes nicht und konzentriert sich statt dessen auf Fritz. Ohne jegliche Einvernahme und weitere Abklärungen (vgl. Art. 352 Abs. 1 StPO) erlässt der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen Fritz.
Nach unserer Einsprache gelangt der Fall ans Strafgericht. Der Vorsitzende führt die Hauptverhandlung fast so zackig wie Fritz sein Motorrad gelenkt haben soll, ohne Vorstellung, Behandlung von Vorfragen etc. (vgl. Art. 339 StPO). Er verurteilt Fritz im Sinne der Anklage. Unsere Einwände, der Vater habe die Tat zugegeben, das Motorrad könne von mehreren Personen benutzt werden, das Foto der Überwachungskamera mit dem knappen Ausschnitt des Gesichts des Fahrers unter dem Helm sei kaum aussagekräftig und Fritz habe übrigens einen Vater und zwei Brüder, die ihm nicht unähnlich seien, wischt das Gericht vom Tisch.
Das Appellationsgericht als Berufungsinstanz spricht unseren Mandanten Fritz mit Urteil vom 08. März 2018 frei. Zwar lägen durchaus Indizien gegen Fritz vor, doch die Tat könnte etwa auch vom jüngeren Bruder Toni begangen worden sein. Die Aussage des Polizisten, der den ominösen Anruf von Fritz entgegengenommen haben will, vermöge dessen Täterschaft nicht zu beweisen. Es lägen Zweifel vor, die in dubio pro reo zum Freispruch führen müssten (vgl. Art. 10 Abs. 3 StPO).
(Foto: Stefan Meichssner, Jasper National Park, Alberta/Canada, Oct. 2003)