Das Pferd und die Unterhose

Bei einem bizarren Fall konnten wir für unseren Mandanten einen Freispruch erzielen. Der Mann war wegen Tierquälerei und Hausfriedensbruchs angeklagt. Eine Unterhose mit seiner DNA sowie ein weggeworfener Einzahlungsschein mit seinem Namen war auf einer Pferdekuppel gefunden worden, wo ein Pferd missbraucht worden war.

Das Fernsehen berichtete am 17. Juli 2019.

Der Freispruch erfolgte im Zweifel für den Angeklagten (vgl. Art. 10 Abs. 3 StPO), weil die Indizien in der Nähe des Tatorts die Täterschaft nicht belegten. Der Beschuldigte brachte erfolgreich vor, er hätte die Gegenstände in den Müll geworfen; sie seien anschließend womöglich von einem Tier oder einer Drittperson an den Tatort gebracht worden war. Wohnort und Tatort befinden sich am Siedlungsrand. Am verletzten Pferde selbst war keine DNA des Beschuldigten festgestellt worden.

Wegen der durchgeführten Hausdurchsuchung und dem Freiheitsentzug von mehr als drei Stunden konnten wir für unseren Mandanten außerdem eine Genugtuung gestützt auf Art. 429 Abs. 1 Bst. c StPO erwirken.

1, 2 oder 3? Welcher Bruder darf’s denn sein?

Fritz ist leidenschaftlicher Motorradfahrer. Ab und an fährt er auch richtig zackig, wovon das Administrativmaßnahmenregister eindrückliches Zeugnis ablegt. Eines schönen Abends soll er in Basel mit 76 km/h netto und damit 26 km/h zu schnell geblitzt worden sein. Das stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Regel eine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG dar.

Zunächst gehen die Strafverfolgungsbehörden allerdings davon aus, dass Fritz‘ Vater der Täter ist, da das Motorrad auf ihn zugelassen ist. Der Vater gibt die Tat auch unumwunden schriftlich zu. Aufgrund eines ominösen Anrufs eines Sohnes glaubt die Polizei dem Vater indes nicht und konzentriert sich statt dessen auf Fritz. Ohne jegliche Einvernahme und weitere Abklärungen  (vgl. Art. 352 Abs. 1 StPO) erlässt der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen Fritz.

Nach unserer Einsprache gelangt der Fall ans Strafgericht. Der Vorsitzende führt die Hauptverhandlung fast so zackig wie Fritz sein Motorrad gelenkt haben soll, ohne Vorstellung, Behandlung von Vorfragen etc. (vgl. Art. 339 StPO). Er verurteilt Fritz im Sinne der Anklage. Unsere Einwände, der Vater habe die Tat zugegeben, das Motorrad könne von mehreren Personen benutzt werden, das Foto der Überwachungskamera mit dem knappen Ausschnitt des Gesichts des Fahrers unter dem Helm sei kaum aussagekräftig und Fritz habe übrigens einen Vater und zwei Brüder, die ihm nicht unähnlich seien, wischt das Gericht vom Tisch.

Das Appellationsgericht als Berufungsinstanz spricht unseren Mandanten Fritz mit Urteil vom 08. März 2018 frei. Zwar lägen durchaus Indizien gegen Fritz vor, doch die Tat könnte etwa auch vom jüngeren Bruder Toni begangen worden sein. Die Aussage des Polizisten, der den ominösen Anruf von Fritz entgegengenommen haben will, vermöge dessen Täterschaft nicht zu beweisen. Es lägen Zweifel vor, die in dubio pro reo zum Freispruch führen müssten (vgl. Art. 10 Abs. 3 StPO).

(Foto: Stefan Meichssner, Jasper National Park, Alberta/Canada, Oct. 2003)