Wenn die Behörde nichts tut, verweigert sie das Recht

Das Pflegeheim X. versichert seine Arbeitnehmer bei der Versicherung Y. gegen das Unfallrisiko.  Nachdem der Rahmenvertrag mit dem Broker weggefallen ist, unterbreitet Y. dem Pflegeheim X. einen neuen Vertrag mit schlechteren Konditionen. Eine Kündigung von X. akzeptiert Y. mit dem Hinweis nicht, bei Wegfall des Rahmenvertrages gebe es kein Kündigungsrecht. Von X. mandatiert, fordern wir Y. auf, die neuen Konditionen zu verfügen, soweit sie den obligatorischen Teil der Unfallversicherung betreffen. Wir verweisen auf Art. 124 Bst. d der Unfallversicherungsverordnung (UVV), der als lex specialis zu Art. 49 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) eine Verfügungspflicht für die Änderung in der Einreihung eines Betriebes in die Prämientarife vorsieht.

Y. verweigert aber ausdrücklich eine Verfügung. Deshalb erheben wir so genannte Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Das Recht verweigert eine Behörde, die es ausdrücklich oder stillschweigend unterlässt, eine Verfügung zu erlassen, obwohl sie dazu verpflichtet wäre. In diesem Fall begeht sie eine formelle Rechtsverweigerung, gegen die sich der Betroffene wehren kann (Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 56 Abs. 2 ATSG).

Das Gericht heißt die Beschwerde mit Urteil vom 13. Februar 2017 gut (C-5148_2016). Es verwirft die Einwände von Y., welche die Modalitäten dem Privatrecht unterstellen will. Das Gesetz sehe für vorliegenden Sachverhalt eine Pflicht zur Verfügung vor. Speziell zu erwähnen ist, dass Y., immerhin eine große Schweizer Versicherungsgesellschaft, trotz Hinweis auf die Säumnisfolgen weder dem Gericht die Akten eingereicht noch sich hat vernehmen lassen.

(Bild: Stefan Meichssner, Am Strand von Ahlbeck/Swinemünde, Usedom)

 

Neue Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung

Anlässlich einer Tagung eines Unternehmens für IT-Lösungen konnte Alexandra Meichssner über die gesetzlichen Grundlagen der Arbeitszeiterfassung referieren. Ihre Präsentation können Sie auch hier nachlesen.

Bild: Mödlareuth, Deutsch-Deutsches Museum, by Stefan Meichssner (Juli 2017)

Polizist als Anzeiger, Ermittler und Zeuge in einem

Polizist P. ist privat in seinem Personenwagen unterwegs. Auf der Autobahn A2/3 vor und im Schweizerhalle-Tunnel glaubt er, unseren Mandanten M. im Nebenfahrzeug fahrend bei ca. 100 km/h beim Blättern und Lesen einer Broschüre auf dem Lenkrad gesehen zu haben. Am folgenden Tag ermittelt P. das Geschäft von M. als Halter des betroffenen Fahrzeuges und ruft diesen an. M. gibt daraufhin zu, am Vortag zu der fraglichen Zeit mit dem Fahrzeug gefahren zu sein. Als M. anschließend eine E-Mail von P. mit einer zu unterschreibenden  „Sachverhaltsanerkennung“ erhält, kontaktiert er uns. Wir raten, den Sachverhalt zu bestreiten und die Unterschrift zu verweigern.

Es beginnt ein Strafverfahren, dass erst mit einem Freispruch durch das Kantonsgericht Basel-Landschaft als zweiter Instanz endet, nachdem das Strafgericht als erste Instanz die Buße der Staatsanwaltschaft wegen einfacher Verkehrsregelverletzung noch bestätigt hatte. Das Kantonsgericht erachtet in seinem Urteil vom 1. November 2016 die Glaubwürdigkeit von P. als „angekratzt“. Dieser hatte nämlich im Vorverfahren von einer Kontrollfahrt gesprochen und dadurch den Anschein erweckt, in polizeilicher Mission unterwegs gewesen zu sein. Erst auf Nachfrage der Verteidigung gab er zu, an jenem Tag privat und alleine gefahren zu sein. Im Gegensatz dazu ist M. nach Ansicht der Kantonsrichter glaubwürdig, da er von Anfang an die Fahrt an sich zugegeben, jedoch das Lesen von Dokumenten bestritten habe.

Das Kantonsgericht hält schließlich fest, dass das Verhalten von P. mit seinen mehreren Funktionen im Hinblick auf die Ausstandsregeln von Art. 56 StPO heikel sei. Er sei als Anzeigeerstatter, Ermittler und Zeuge aufgetreten.

(Bild: Stefan Meichssner, Seebrücke von Sellin, Rügen)

Rezension der Dissertation Daniel Wufflis

Diese Buchbesprechung von Dr. Stefan Meichssner ist in der Zeitschrift Aktuelle Juristische Praxis (AJP) 1/2016 erschienen. Das rezensierte Werk behandelt die Prozesskostenhilfe in Art. 117 ff. ZPO. Sie können die Buchbesprechung auch hier lesen.

Foto: Am Strand von Bansin, Usedom, by Stefan Meichssner (July 2016)

Bundesgericht schränkt Betriebszeiten privater Zierbeleuchtungen ein

Dieser Aufsatz ist am 24. Februar 2014 in der Zeitschrift Jusletter erschienen. Sie können ihn auch hier lesen. Dr. Stefan Meichssner berichtet in dem Beitrag über einen Fall, den er von der kommunalen Ebene bis vor Bundesgericht für die betroffenen Nachbarn begleitet hat. Der Möhliner Lichterfall ist ein „leading case“, was die umweltrechtliche Behandlung von Außenbeleuchtung angeht.

Bild: Vancouver BC, Granville Island/Downtown, by Stefan Meichssner (Oktober 2003)

Im Adamskostüm durch den Alpstein? Anmerkungen zum Appenzeller Nacktwanderverbot

Dieser Aufsatz ist am 20. September 2010 in der Zeitschrift Jusletter erschienen. Sie können ihn auch hier lesen.

Das Bundesgericht hat mit Urteil 6B_345/2011 vom 17. November 2011 nach öffentlicher Beratung den Schuldspruch gegen einen Nacktwanderer durch das Obergericht Appenzell Außerrhoden bestätigt.

Lesen Sie auch die kritischen Bemerkungen zum Bundesgerichtsurteil von Stefan Maeder, Dem Legalitätsprinzip die Hosen heruntergelassen, im Jusletter vom 11. Juni 2012.

Foto: Säntis/Altmann, by Stefan Meichssner (July 2012)

Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege

Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV), Dissertation 2007, Basel 2008. Informieren Sie sich hier über den Inhalt.

„Ein umfassendes Werk mit hohem praktischem Nutzen. Für Anwälte mit unentgeltlichen Mandaten unverzichtbar“ (plädoyer 5/2008)

„(…) behandelt der Autor das Thema umfassend unter allen Aspekten. Die zahlreichen Verweise auf Literatur und Rechtsprechung erleichtern die Vertiefung einzelner Fragen“ (Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 3/2010)

Foto: Berlin Reichstag, by Stefan Meichssner (Oktober 2011)