Unverwertbares Telefongespräch

A. und B. sind der versuchten Nötigung (vgl. Art. 181 StGB) angeklagt, weil sie in einem Telefongespräch den C. unter Todesdrohungen aufgefordert haben sollen, dafür zu sorgen, dass er ihnen etwas wichtiges aushändige. Nachdem A. und B., die wir ausnahmsweise aufgrund identischer Interessenlage und ausgeschlossener Interessenkollision beide verteidigen können, auf unseren Rat keine Aussagen gemacht haben, bringen wir in der Hauptverhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht vor, dass einziges Beweismittel eine Videoaufzeichnung des Telefongesprächs sei, das die Frau von C. erstellt habe. Die Beschuldigten A. und B. hätten dazu jedoch keine Einwilligung gegeben, ja hätten nicht einmal gewusst, dass das Gespräch aufgezeichnet wird.  Private Beweismittel sind strafprozessual verwertbar, wenn sie rechtmässig erstellt worden sind. Ohne Zustimmung der Beteiligten darf ein privates Telefongespräch indes nicht aufgezeichnet werden (vgl. Art. 179ter bzw. hier eher Art. 179bis StGB).  Gemäss Rechtspräche dürfte das vorliegend also unrechtmässig erstellte Beweismittel nur dann ausnahmsweise verwertet werden, wenn die Strafbehörden es selbst hätten legal erlangen können und eine Interessenabwägung für die Verwertung spricht. Das Gericht sieht bei dem Versuch einer Nötigung in dem familiären Kontext keine gewichtigen Interessen für eine Verwertung. Auch hätten die Strafbehörden hier kaum geheime Überwachungsmassnahmen anordnen können; zwar ist die Nötigung im Katalog enthalten, doch sprechen die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismässigkeit eindeutig dagegen (vgl. Art. 141 Abs. 2; Art. 269 StPO). Staatsanwaltschaft und Gericht haben es überdies versäumt, dem A. und B. das Teilnahmerecht an der Einvernahme des C. zu gewähren, so dass dessen Aussagen ebenfalls nicht zu Lasten der Beschuldigten verwertbar sind (vgl. Art. 147 StPO). Es resultiert ein Freispruch.

Handy nicht immer verwertbar

Die Verwertung der Daten auf dem Mobiltelefon wird heute in Strafverfahren fast standardmässig angeordnet. Dagegen kann man sich mit dem Argument wehren, die Daten oder Teile beträfen den Verkehr mit der Verteidigung, würden das im Verhältnis zum Strafverfahren höher zu wertende Persönlichkeitsrecht verletzen oder stammten aus dem Verkehr mit Personen, die über ein Zeugnisverweigerungsrecht verfügten (vgl. Art. 264 Abs. 1 StPO). In diesen Fällen kann der Beschuldigte die Siegelung verlangen, worauf die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht (ZMG) innerhalb von 20 Tagen die Entsiegelung verlangen muss, will sie an der Auswertung festhalten (vgl. Art. 248 f. StPO). Es gibt aber noch ein anderes Argument gegen die Durchsuchung: Die Daten sind von vornherein nicht relevant für die Strafuntersuchung, werden zur „Wahrheitsfindung“ gar nicht gebraucht und stehen in keinem adäquaten Kausalzusammenhang mit den verfolgten Straftaten. Damit wird der sog. Deliktskonnex bestritten (vgl. BGE 137 IV 189, 195 E. 5.1).  In unserem Fall bezieht sich der dringende Tatverdacht von Anfang an auf eine klar umrissene Einbruchsserie in einem Quartier durch zwei befreundete Beschuldigte nach einer durchzechten Nacht. Nachdem alle Spuren ausgewertet, das Deliktsgut sichergestellt und die Beschuldigten geständig sind, fehlt es vorliegend am Deliktskonnex und das ZMG verweigert antragsgemäss die Entsiegelung. Es ist nicht anzunehmen, dass sich die beiden betrunkenen Beschuldigten via Social Media noch austauschten, bevor sie unmittelbar nach der Serie festgenommen worden waren. Auf diese Weise ist als angenehme Nebenerscheinung gleichzeitig die Gefahr von sog. Zufallsfunden gebannt, zu denen die Auswertung von Handydaten häufig führt.

Bedingte Unverwertbarkeit bei unterlassener Zeugenbelehrung

Pflicht zur Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht bei Auskunftspersonen sui generis und Rechtsfolgen der unterbliebenen Belehrung.

Lesen Sie hier unsere Urteilsanmerkung zum Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 14. November 2018 im Verfahren SB.2018.32. Der kurze Aufsatz ist im Februar 2020 in der Zeitschrift Forumpoenale Heft Nr. 1/2020 S. 31 ff. erschienen.