Finanzierung von Kindesschutzmaßnahmen

Eine Gemeinde bittet uns um Unterstützung bei der Rückforderung von Kosten einer Beistandschaft für ein minderjähriges Kind. Auf Anordnung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde war für ein Kind eine Beistandschaft eingesetzt worden. Nach dessen Beendigung versucht die Gemeinde, die Kosten mindestens teilweise von den Eltern erhältlich zu machen.

Kindesschutzmaßnahmen wie insbe­sondere Beistand­schaften stellen Unterhaltskosten gemäss Art. 276 Abs. 1 ZGB dar (vgl. BGE 141 III 401, 403 E. 4.1). Nach Art. 276 Abs. 2 ZGB wird der Unterhalt durch Pflege und Erziehung oder, wenn das Kind nicht unter der Obhut der Eltern steht, durch Geldzahlung geleistet. Dabei tragen die Eltern den gebührenden Unterhalt je nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Unter ihnen gilt Solidarität; ist ein Elternteil leis­tungsunfähig oder gestorben, muss der andere allein für den Unterhalt aufkommen.

Falls das Gemeinwesen anstelle der Eltern für den Unterhalt des Kindes aufkommt, geht der Anspruch nach Art. 289 Abs. 2 ZGB im Sinne einer sog. Legalzession auf das Gemeinwesen über. Das Gemein­wesen bevorschusst somit die Kosten und fordert sie anschliessend im Rahmen der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht zurück. Das Gemeinwesen tritt dabei in die Rechte des Kindes gegenüber den Eltern ein; dazu gehört namentlich das Klagerecht des Kindes gegen Vater und Mutter oder gegen beide auf Unter­halts­leistung.

Die Legalzession ändert an der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs nichts, auch dann nicht, wenn das Gemeinwesen seine Leistungen gestützt auf öffentliches kantonales Recht erbringt. Die Recht­sprechung verweist indes auf zwei Ausnahmen: Insoweit, als die von der Gemeinde erbrachten Leistungen – im Sinne einer Sozialhilfe – für die vollständige Deckung der Unterhaltskosten des Kindes erforderlich gewesen sein oder die Unterhaltspflicht der Eltern aus irgendwelchen Gründen überstiegen haben sollten, könnte ein gestützt auf Art. 293 ZGB vom kantonalen öffentlichen Recht begründeter Rückerstat­tungsanspruch in Betracht fallen. Entsprechend hält das Handbuch Soziales fest, dass die Kosten der Kindesschutzmassnahmen subsidiär, wenn die Kosten von den Eltern nicht oder nicht vollumfänglich getragen werden können, durch die Sozialhilfe zu übernehmen sind (vgl. Handbuch Soziales, Ziff. 15).

Sind die Voraussetzungen für eine Finanzierung übers Sozialrecht nicht erfüllt, steht der zivilrechtliche Weg mit Klage gegen die Eltern offen.

 

Zweistufige Methode bei Kinderunterhalt

Das Bundesgericht stellt mit Urteil 5A_311/2019 vom 11. November 2020 einheitliche Grundsätze für die Berechnung des gebührenden Kinderunterhalts auf, indem es fortan die Berechnung des Kinderunterhalts nach der sog. zweistufigen Methode anordnet. Das Oberste Gericht hält weiter fest, dass beide Elternteile grundsätzlich ein jeder nach seinen Kräften für den in Form von Pflege, Erziehung und Geld zu erbringenden Unterhalt sorgen (vgl. Art. 276 ZGB).

Steht das Kind unter der alternierenden Obhut der Elternteile, sind die finanziellen Lasten bei ähnlicher Leistungsfähigkeit umgekehrt proportional zu den Betreuungsanteilen zu tragen. (vgl. Urteil 5A_727/2018 vom 22. August 2019), bei je hälftigen Betreuungsanteilen proportional zur Leistungsfähigkeit (vgl. Urteil 5A_743/2017 vom 22. Mai 2019) und bei gleichzeitig asymmetrischen Betreuungsumfang und Leistungsgefälle der sich daraus ergebenden Matrix. So sind die Kindesunterhaltsbeiträge bei gleichen Betreuungsanteilen nach Massgabe der jeweiligen Leistungsfähigkeit auf die Eltern aufzuteilen und bei gleicher Leistungsfähigkeit nach Maßgabe der Betreuungsanteile. Eine Korrektur muss jedoch erfolgen, wo der mehrheitlich betreuende Elternteil leistungsfähiger ist als der andere.

Noch vor Publikation dieses Leitentscheides finden unsere Mandanten im Rahmen einer mediativ ausgehandelten Scheidungskonvention eine diesen Grundsätzen entsprechende Lösung. Sie vereinbaren die alternierende Obhut und den Kinderunterhalt unter Berücksichtigung ihrer Betreuungsquoten und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.