Sexuelle Nötigung, obwohl sich Frau nicht als „Opfer“ sieht

Gerechtigkeit und Recht sind zwei verschiedene paar Schuhe. Das musste ein Mandant von uns erfahren: Obwohl die durch seine Avancen belästigte Frau im Vorverfahren ausdrücklich Desinteresse an einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung erklärt hatte und dies während der Hauptverhandlung wiederholte, wurde der Beschuldigte wegen sexueller Nötigung verurteilt (vgl. Art. 189 Abs. 1 StGB).

Für die Frau war es wichtig, dass der Mandant wegen der vor und nach der sexuellen Handlung begangenen Körperverletzung bestraft wird. Das Gericht demgegenüber wies darauf hin, dass nicht zuletzt aufgrund der detaillierten Schilderungen der Frau ein sexueller Bezug vorliege und der Beschuldigte nötigend eine sexuelle Handlung von ihr verlangt habe.

Entscheidend ist bei Sexualdelikten nicht die subjektive Wahrnehmung, sondern eine objektivierte Betrachtung: Fasst ein außenstehender Betrachter eine konkrete Handlung als sexuell motiviert auf? Gibt es einen eindeutig sexuellen Bezug?